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Wahre Liebe nur mit Treue?

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Die Paarberater Margot Schmitz und Michael Schmitz zu Gast in der ORF-Sendung „erlesen“ – im Gespräch mit der Schauspielerin Julia Stemberger („Vorstadtweiber), Heinz Zuber (Fernsehclown Enrico) und Moderator Heinz Sichrovsky.

Ausgestrahlt am 3.5.2016 auf ORF III

Fragen Sie doch Dr. Schmitz!

Sie haben eine brennende Frage zu Ihrer Partnerschaft? Raus damit, diesem Mann können sie vertrauen. DR. MICHAEL SCHMITZ, renommierter Paar-Experte, berät Sie ab sofort in jeder WOMAN-Ausgabe – aus männlicher Sicht, realistisch, cool und doch mit viel Herz.

Woman-Kolumnen-StartEs waren immer schon seine beiden großen Lieben: Psychologie und Journalismus. Nach dem Studium der Seelenwissenschaften gepaart mit Germanistik zog ihn erstmal das Reporter-Leben in den Bann: „Ich fand das so spannend“, erzählt Dr. Michael Schmitz, 61, „meiner Neugier nachgehen zu können und so viele interessante Menschen und ihre Beweggründe kennenzulernen!“ Der Duisburger war Journalist für das ZDF, DDR-Korrespondent, als die Mauer fiel, Kriegsberichterstatter in den 1990er-Jahren, Chefreporter und später in den USA tätig. Nach 2000 verlagerte sich das Gewicht wieder in Richtung Psychologie: Als Management-Trainer und Paar-Berater mit eigener Praxis (coaching@schmitz.at) sowie als Professor an der Lauder Business School in Wien konnte er seine Leidenschaft für „tiefere Zusammenhänge“ wunderbar mit dem Job verbinden. Ganz auf derselben Linie liegt er da mit seiner Frau, der Psychiaterin und Paar-Beraterin Margot Schmitz, mit der er seit 20 Jahren verheiratet ist. Tochter Rosa ist 19, Ex-Schwimmstar MarkusRogan,33,ist Michael Schmitz’ Stiefsohn. Man berät auf Wunsch Paare auch gemeinsam, die Bücher der beiden gehören zu den Meilensteinen der „Beziehungs-Literatur“.
Das aktuelle Werk „Liebe, Lust und Ehebett“ nimmt Partnerschaften in den diversen Stadien ins Visier und brachte unter anderem die deutsche „Welt“ zum Jubeln: „Darin finden sich so viele schlaue Sätze, dass man sie auf T-Shirts drucken und verteilen müsste.“ Einer davon geht jedenfalls in die Richtung: „In Phasen der Verliebtheit sehen wir den anderen ohne Fehler und glauben, alle unsere Bedürfnisse sind gleich“, kennt Schmitz die Fallen. „Irgendwann stellt sich die Realität, die lautet: Zwei verschiedene Menschen sind zwei verschiedene Menschen. Mit unterschiedlichen Bedürfnissen und Denkweisen. Es passt nie zu 100 Prozent.“

FRAUEN ALS MOTOR. Weise, wer möglichst schnell akzeptieren kann, dass der andere nicht unbedingt das Gleiche gut finden muss wie er selbst. Und jede InvestitionineinePartnerschaftmacht sich bezahlt. „Denn“, so Schmitz, „Beziehungen spielen in jeden Bereich des Lebens mit hinein. Auch beim Management-Training sind sie Thema!“ Wie gut, dass man sich da auf die Frauen verlassen kann. „Sie machen sich mehr Gedanken und sind viel engagierter, etwas zu verändern!“ Viele MännerwerdenzuCoachingserstmal mitgeschleppt. Dann aber geht auch ihnen so manches Beziehungs-Licht auf. „Wenn ich genau beschreiben soll, wie ich mich selber sehe, dann als Glückshelfer“, freut sich Schmitz. Dass das Glück übrigens auch zwischen zwei Therapeuten nicht gepachtet ist, gibt er zu. „Wir können’s auch nicht besser. An zwei Dinge halten wir uns aber immer: Probleme ansprechen und sich darüber im Klaren sein: Nie macht einer alles falsch und einer alles richtig.“



Fragen Sie doch Dr. Schmitz!

Michael Schmitz beantwortet ab sofort Ihre Fragen zum Thema Liebe, Partnerschaft, Sex und Treue. Sie schicken Ihr Anliegen per Mail – er antwortet hier.

Wir hatten bisher zwei Dates, die für mich super waren. Doch er meldet sich nicht mehr. Will er dann einfach nichts mehr von mir wissen oder kann es sein, dass er nur schüchtern oder unsicher ist und auf meinen Anruf wartet?

DR. SCHMITZ: Wie sind Ihre bisherigen Verabredungen zustande gekommen? Auf wessen Initiative? Haben Sie beim letzten Mal darüber gesprochen, ob Sie sich wieder sehen möchten? Oder sind Sie unverbindlich auseinandergegangen? Vielleicht ist sein Interesse nicht so groß. Aber das wissen wir beide nicht. Und darüber zu spekulieren, macht nicht viel Sinn. Womöglich sind Sie beide verunsichert und warten beide darauf, dass der andere den nächsten Schritt tut. Damit würden Sie es sich gegenseitig schwer machen. Hat er bei den Dates schüchtern auf Sie gewirkt? Dann muss mehr von Ihnen kommen. Womöglich will er testen, wie sehr Sie auf ihn anspringen, ob Sie wirklich an ihm interessiert sind. Auch wenn es für Siesuperwar,mussbeiihmnichtangekommen sein, was Sie empfunden haben. Ich denke, es lohnt sich, ein Signal zu schicken. Fragen Sie mit einer schlichten SMS, ob er Lust hat, wieder etwas mit Ihnen zu unternehmen. Warten Sie ab, was dann kommt. Überlegen Sie, ob es für Sie verlockend klingt, was er vorschlägt. Und dann, was sie ihm vorschlagen wollen.

Ich bin zurzeit mit meinem Gewicht total unzufrieden. Jetzt hab ich aber einen Mann kennengelernt, in den ich mich verlieben könnte. Nur: Beim Sex würde ich mich wegen meiner Speckfalten voll verkrampfen, das weiß ich. Ich überlege schon, ihn deshalb aufzugeben …

DR. SCHMITZ: Dann würden Sie sich selbst aufgeben. Das sollten Sie auf keinen Fall. Damit tun Sie sich selber weh. Und dem Mann auch, wenn er Sie will und Sie sich mir nichts, dir nichts zurückziehen. Wenn Sie sich selbst nicht so gut gefallen, nehmen Sie die neue Bekanntschaft und das, was sie Ihnen damit so reizvoll bietet, als Anreiz, sich einen Ruck zu geben. Tun Sie etwas für sich, damit Sie sich in Ihrer Haut wohler fühlen. Regelmäßig Sport zu treiben hilft, Kalorien zu verbrennen und abzunehmen. Obacht beim Essen: Weniger Zucker & weniger Fett wären zusätzlich gut. Wissen Sie eh! Es mag am Anfang etwas schwer sein, sich zu überwinden. Sie werden selbstsicherer und attraktiver. Auf Sie wartet doppelter Gewinn.

Wieso erzählt mein neuer Schwarm von seinen Ex-Freundinnen ausgerechnet beim ersten Date?

DR. SCHMITZ: So reden Männer öfter, wenn sie unter sich sind. Sie geben voreinander gerne ein bisschen an, um so ihr Selbstbewusstsein aufzublasen. Allerdings: Wenn wir Männer dick auftragen, tun wir das meist, weil wir tief in unserem Inneren unsicher sind. Dann neigen wir zu Übertreibungen. Vielleicht ist Ihr neuer Schwarm nicht so souverän, wie er meint, sein zu müssen. So geht es vielen Männern. Vielleicht fällt es ihm schwer, über seine Gefühle zu reden. Auch das können Männer oft nicht so gut. Seien Sie ein bisschen großzügig. Es war erst Ihr erstes Date. Da Sie ihn als Ihren „neuen Schwarm“ bezeichnen, muss er einiges haben, was Ihnen gefällt und was Sie anzieht. Achten Sie beim nächsten Mal darauf, wie viel Sie davon entdecken. Versuchen Sie, sachte (!) rauszukriegen, was er von Ihnen möchte. Nicht drängeln. Nicht festnageln. Sieht er Sie eher als Kumpel? Oder erkennen Sie, dass er für Sie als Frau schwärmt?

Ich glaube, mein Freund will mir bald einen Heiratsantrag machen. Auch wenn unsere Beziehung wunderbar ist: Ich will nicht heiraten! Wie bringe ich ihm das bei?

DR. SCHMITZ: Wie denken Sie grundsätzlich über Heirat? Wollen Sie gar nicht heiraten? Oder jetzt noch nicht? Halten Sie Trauschein und Ehe für überflüssig? Oder müssen Sie erst noch genauer rausfinden, ob Ihr Freund für Sie der Mann Ihres Lebens werden könnte? Das sind wichtige Fragen. Darauf müssen Sie für sich passende Antworten finden. Davon, wie sie ausfallen, hängt ab, was Sie Ihrem Freund sagen wollen – und sagen sollten, damit erweiß,woranermitIhnen ist.
Sehen Sie das Positive! Sie freuen sich sicher, dass es Ihrem Freund ernst ist mit der Beziehung zu Ihnen. Er will Sie und keine andere. Können Sie das umgekehrt genauso sagen? Oder hegen Sie insgeheim Zweifel? Überlegen Sie, was Sie sich weiter mit ihm wünschen und ihm gerne anbieten würden. Erzählen Sie es ihm. Finden Sie raus, wie das mit seinen Wünschen zusammenpasst und wie es für Sie beide weitergehen kann.

Mein Mann kümmert sich nicht mehr um mich – was tun?

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Wie mache ich ihn in mich verliebt?

Ich habe mich verliebt, wie kriege ich den Mann dazu, dass er sich auch in mich verliebt? Ich habe ihn bei einem Vortrag kennengelernt und angesprochen. Wir waren schon einen Kaffee trinken. Es war sehr nett.


Sie sind für ihn attraktiv und interessieren ihn. Sonst hätte er sich nicht mit Ihnen getroffen. Sie können ein neues Treffen vorschlagen. Diesmal vielleicht für ein Abendessen. Das wäre schon intimer und verbindlicher. Wenn er auf den Vorschlag einsteigt, wissen Sie: Er will mehr. Aber Vorsicht! Sagen Sie ihm nicht, dass Sie in ihn verliebt sind. Lassen Sie sich erobern. Er muss Ihnen zeigen, was er an Ihnen spannend und faszinierend findet. Er soll sich anstrengen, um Sie zu gewinnen. Wenn er das nicht tut, meint er es nicht ernst.


Er weiß nicht, was er noch empfindet.

Mein Freund weiß nicht mehr, ob er mich noch liebt. Nach eineinhalb Jahren. Aber er will mit mir zusammenbleiben. Was soll ich davon halten?


Sie sind ihm wichtig. Ihr Freund möchte Sie nicht aufgeben. Er ist verwirrt über seine Gefühle. Vielleicht irritiert ihn, dass die Verliebtheit schwindet. Aber das ist normal. Dann müssen Partner anfangen, an ihrer Liebe zu arbeiten. Sie müssen überlegen: Was möchten wir miteinander anfangen? Was ist uns wichtig? Wie stellen wir uns ein gemeinsames Leben vor? Was müssen und was wollen wir dafür tun? Zu einer Liebe gehört eine Vision – ein Bild von einer gemeinsamen Zukunft.


Was, wenn er plötzlich schwul ist?

Mein Mann hat mich betrogen – mit einem anderen Mann. Ich hab ihn dabei ertappt, aber er weiß das noch nicht. Was soll ich jetzt tun?


Sie müssen mit ihm darüber sprechen. Fragen Sie ihn, was ihm der Mann bedeutet. Versuchen Sie, ruhig dabei zu bleiben. Finden Sie raus, wie sehr ihr Mann sich von anderen Männern angezogen fühlt. Ist er bisexuell oder homosexuell? Wenn er auf Männer abfährt, können Sie es nicht ändern. Aber für Sie ist es wichtig zu wissen, woran Sie mit ihm sind. Fragen Sie, was er sich vorstellt – und überlegen Sie, was Sie akzeptieren wollen.


Was will er noch von seiner Ex?

Mein Freund kämpft plötzlich um seine Ex. Muss ich mir das etwa geben?


Nein, müssen muss sich entscheiden, wen er will – Sie oder die andere? Oder stellt er sich vor, alle beide bekommen zu können? Dann müssen Sie entscheiden, ob Sie das mitmachen möchten. Sie müssen ihm sagen, was Sie wollen und was für Sie nicht infrage kommt. Wenn Sie hinnehmen, was er treibt, leiden Sie nur und schicken ihm das Signal: Mach ruhig weiter so.


Warum will er keinen Sex mehr?

Mein Mann sagt, er will keinen Sex mehr mit mir, weil ich zu dick bin. Ich bin auch wirklich sehr mollig.


Wollen Sie Sex? Oder ist es Ihnen eigentlich ganz recht so? Wenn Sie Sex mit Ihrem Mann haben möchten, müssen Sie für ihn attraktiv bleiben. Dann müssen Sie einige Gewohnheiten ändern: Beim Essen auf die Kalorien achten – Fettes und Süßes reduzieren. Sport treiben. Das verlangt eine gewisse Anstrengung. Wenn Sie begehrt werden und mit Ihrem Mann wieder Lust haben möchten, dann lohnt es sich.


Haushaltsgeld zu knapp – was hilft?

Ich bekomme seit Jahren nur 700 Euro Haushaltsgeld – für die Familie mit zwei Kindern. Muss ich mich damit abfinden? Mein Mann verdient nicht schlecht.


Rechnen Sie ihm vor, wie schnell 700 Euro weg sind. Davon hat er vielleicht keine Ahnung. Machen Sie ein WochenBudget. Zeigen Sie ihm, wie viel Geld Sie wofür brauchen. Er hält sie knapp. Verhandeln Sie und seien Sie hartnäckig.


Wie kriege ich mehr Aufmerksamkeit?

Wir sind 42 Jahren verheiratet. Aber mein Mann kümmert sich schon lange nicht mehr um mich. Kann ich das ändern?


Warten Sie nicht, dass er auf Sie zukommt. Fragen Sie ihn, was er sich von Ihnen wünscht. Wenn Sie Wünsche von ihm erfüllen, wird er auch auf Wünsche von Ihnen eingehen.

Ratgeber: Liebe, Lust und Ehebett

Hörzu-674x768Unter unzähligen Liebesratgebern ragt dieser heraus. Das Buch ist wie der Verlauf einer Beziehung aufgebaut, vom anfänglichen Verliebtsein bis zu den möglichen späten Schwierigkeiten langjähriger Partnerschaften. Das erfahrene Autorenpaar berücksichtigt weibliche und männliche Perspektiven gleichermaßen und erklärt, wie man mit Krisen und Affären umgehen kann. Dabei verzichten beide auf moralische Wertungen hehre Ideale und unerfüllbare Postulate. So funktioniert’s.

Weise Worte

Welt-KolumneUnlängst schrieb ich einen Artikel zum Thema „Lügen in der Beziehung“ – die These: Der Partner muss nicht alles wissen, wir dürfen, nein, wir sollen einander Geheimnisse lassen und um Affären zu verschleiern darf man auch lügen. Ja, das provozierte viele Leser, die meist anderer Meinung waren – wenn es nach den Kommentaren ginge, wären alle immer ehrlich, Lug und Betrug nur eine krasse Ausnahmeerscheinung unter wenigen, seelenlosen Wesen. Es kommt nicht gut an, Wahrheiten über die Lüge auszusprechen. Umso wichtiger sind die, die das öffentlich tun.
Etwa das Ehepaar Margot und Michael deren neues Buch „Liebe, Lust und Ehebett“ Standardlektüre für alle Frischverliebten, Moralapostel und langjährige Paare sein sollte. Darin finden sich nämlich für alle Beziehungsphasen so viele schlaue und auch unpopuläre Sätze, dass man sie eigentlich auf T-Shirts drucken und verteilen müsste. Etwa wenn es um unrealistische Erwartungen an eine große Seelenverwandtschaftsliebe geht: „Wir führen uns selbst hinters Licht: Liebe soll wie Verliebtheit sein. Aber das geht nicht.“ Oder wenn es um das richtige Streiten geht: „Wir müssen die Wünsche hinter den Vorwürfen lesen lernen.“ Sie stellen Fragen, deren Antworten wichtig sind: „Denkt einer von uns, da müsste doch jemand sein, der besser zu mir passt?“ Und scheuen sich eben auch nicht vor dem Affären-Thema: „Seitensprünge sind nicht unbedingt ein Beleg dafür, dass etwas in der Beziehung dramatisch schiefgegangen wäre.“ „Bindung sollte kein Gefängnis schaffen, sondern Loyalität und Freiheit bieten.“ „Unbedingte Ehrlichkeit ist rücksichtslos.“
Sie provozieren nicht, sondern erklären ihren Standpunkt auch aus wissenschaftlicher Sicht. Und können damit ein paar Dinge geraderücken, das Bild von einer vermeintlich idealen Beziehung relativieren: Liebe ist nicht wie im Film. Es wird anders, wenn die Verliebtheit endet. Sie wird enden. Das ist normal. Man kann aber damit arbeiten. Eine Affäre muss nicht das dramatische Ende von allem sein. Und so weiter. Ich glaube, ich mag dieses Buch so, weil es einfach mal cool bleibt und das so emotionalisierte Liebes-Beziehungs-Thema mit einer realistischen Weltsicht angeht. Anders als Leser, die ja noch niemals gelogen haben.
Nicola Erdmann

Gemeinsame Leidenschaften

Die Psychiaterin Margot Schmitz, 61, und der Psychologe Michael Schmitz, 61, sind seit zwanzig Jahren miteinander verheiratet. Sie sagen, wie man Krisen am besten übersteht.
Teil 2

Weltwoche-3Margot: Natürlich kommt es vor, dass eine Liebe sich erschöpft hat. Dann sollten beide sich mit Anstand trennen und die gute Zeit in schöner Erinnerung behalten. Das hilft. Auch um irgendwann einen Neuanfang in der Liebe machen zu können, wenn man das möchte. Allerdings erlebt jede Partnerschaft Krisen, und diese bedeuten natürlich nicht, dass die Liebe am Ende ist, sondern dass sie strapaziert wird, was per se nichts Schlimmes ist. Probleme ergeben sich oft aus vielen Gründen: Man verliert im stressigen Alltag die Aufmerksamkeit füreinander. Auch wenn einer krank wird oder den Job verliert, leidet die Beziehung. Oder einer von beiden erhebt die Karriere über alles.
Michael: Tatsächlich ist es immer noch so, dass viel mehr Männer im Beruf Karriere machen, dort Status und Einkommen generieren und zum Financier der Frau und der Familie werden. Frauen stecken vielfach zurück. Es zwingt sie niemand dazu, aber dennoch gilt: Sie sehen ihre Karriere in der Mutterrolle und im Management des Familienalltags. So verwirklichen sie jedoch nie ihre sonstigen Potenziale. In der Berufskarriere werden sie von den Männern abgehängt und begegnen ihnen nicht mehr auf Augenhöhe. Das führt leicht zu Machtkämpfen innerhalb der Partnerschaft und somit zu Unfrieden.
Margot: Der Alltag ist hektischer geworden. Wer im Beruf und im sonstigen Leben alles perfekt machen will, belastet sich zusätzlich, sodass der Stress schnell zu viel wird. Darunter leiden Partnerschaften. Viele Menschen lassen sich heute aber auch weniger auf eine Partnerschaft ein. Oder nur zeitweilig und mit halbem Herzen. Wer immer wieder daran denkt, ob es nicht einen Besseren oder eine Bessere gibt, bleibt unverbindlich und hält den anderen auf Distanz. So entsteht weder wahre Liebe noch wahre Leidenschaft, und das Vermögen, harte Zeiten zusammen durchzustehen, ist eingeschränkt.
Michael: Die Selbstbestimmtheit auf der einen, das harmonische Miteinander auf der anderen Seite fordern heute viele Beziehungen heraus. Partnerschaft braucht gemeinsame Interessen und Bedürfnisse, Aktivitäten, an denen sich beide erfreuen. Wichtig ist auch, dass die Partner eine gemeinsame Vorstellung davon haben, wie sie ihre Zukunft gestalten wollen. Aber zwei Menschen haben nicht immer die gleichen Interessen und Bedürfnisse. Das heisst, dass man einander zugestehen soll, eigene Interessen und Ambitionen zu verfolgen. Die Herausforderung besteht darin, das Anderssein zu schätzen, neugierig zu bleiben und sich gegenseitig immer wieder neue Anregungen zu geben.
Margot: In Krisenzeiten sollte man sich besinnen: Was hat uns zusammengebracht? Was können und was wollen wir miteinander erreichen? Wenn es gelingt, diese Fragen offen und ehrlich zu beantworten, kann bereits viel Spannung abgebaut werden.
Michael: Wahre Liebe zeigt sich auch darin, dass sich Partner gegenseitig unterstützen und Probleme miteinander lösen. Und Partner nähren wahre Liebe, wenn sie gemeinsame Leidenschaften pflegen und sie sich so immer wieder attraktiv und spannend füreinander machen. Jeder mag dabei auch eigene Interessen entdecken. Aber Partner sollten einander immer wieder in ihre Welt einladen, damit man zusammen auf Entdeckungsreise gehen kann.

Fragen an sich selbst

Die Psychiaterin Margot Schmitz, 61, und der Psychologe Michael Schmitz, 61, sind seit zwanzig Jahren miteinander verheiratet. Sie sagen: «Wer lieben will, muss lügen können.» Teil 1

Weltwoche-1Michael: Seitensprünge geschehen aus vielen Gründen, die nicht unbedingt mit der fehlenden Liebe zum Partner zu tun haben müssen. Neue Menschen bieten neue Reize. Es gibt Umstände, unter denen man solchen Reizen eher erliegt. Affären entstehen, weil einer es so wunderbar findet, attraktiv, spannend, toll gefunden zu werden. Das gibt dem Selbstbewusstsein neue Nahrung. Affären sollen – das erleben wir in unserer Praxis immer wieder – bisweilen auch helfen, über Enttäuschungen hinwegzukommen, die mit dem eigenen Partner nichts zu tun haben. Zum Beispiel Rückschläge im Beruf oder persönliche Sinnkrisen.
Margot: Die meisten Affären sind Episoden. Hat die Partnerschaft einen guten Zusammenhalt und eine Perspektive, sollte eine fremdgehende Person die andere nicht mit Bekenntnissen konfrontieren. Man kann sagen, dass in diesem Bereich zu viel gebeichtet wird. Vor allem, weil man das eigene Gewissen entlasten will.
Michael: Ebenfalls geben viele Menschen, die eine Affäre eingehen, im Stillen dem Partner dafür die Schuld. Irgendetwas soll an ihm unzureichend sein. So ist man selbst die Verantwortung für sein eigenes Verhalten los und spricht sich frei von jeder Schuld. Es ist immer besser, darüber nachzudenken, was man selbst getan hat und womöglich noch tun wird. Und dann sollte man überlegen: «Was will und kann ich anders machen?»
Margot: Besser als schonungslose Ehrlichkeit sind Fragen an sich selbst: Was hat einen in die Affäre getrieben? Was fehlt womöglich in der Partnerschaft? Was kann ich, was können wir tun, um die Beziehung spannender und leidenschaftlicher zu gestalten? Was ich sagen will: schwindeln bringt in der Partnerschaft oft mehr als schonungslose Offenheit, aber ehrlich sollte man mit sich selbst sein. Nicht in Ordnung ist das Verheimlichen, wenn der andere etwas ahnt und Fragen stellt: weil es ein Mangel an Respekt ist, den anderen in der Unklarheit zu lassen, und weil es der andere nicht verdient hat, mit seinen Zweifeln zu leben.
Michael: Beim Schummeln geht es übrigens nicht nur um Affären. Auch mit der Bewunderung darf man es ruhig übertreiben. Das tut jedem gut, auch wenn man merkt, dass es eine Übertreibung ist. Männer brauchen das vielleicht mehr als Frauen. Aber beide hören gerne, dass sie attraktiv, toll, intelligent, schön, charmant, unterhaltsam sind. So einfach funktioniert die Liebe eben manchmal auch.
Margot: Wenn man nicht mehr weiss, ob man den anderen noch liebt, dann muss schon längere Zeit etwas schiefgelaufen sein. Trotzdem ist es weder hilfreich noch sinnvoll, einem Partner einen solchen Satz an den Kopf zu knallen. Den anderen zu kritisieren, ist nicht in Ordnung, ihn abzuwerten und verächtlich zu machen, auch nicht. Wenn es Spannungen oder Enttäuschungen gibt, sollte man konkret ansprechen, was aus eigener Sicht nicht gut läuft, was verlorengegangen ist, was getan werden könnte, um es zurückzuerobern. Wenn eine Liebe lange bestanden hat, dann ist das meist aus guten Gründen der Fall – auch über diese sollte man nachdenken.
Michael: Wie erkennt man, dass die Liebe trotz allen Bemühungen vorbei ist? Wenn man gleichgültig wird und sich langweilig findet. Solange Partner noch streiten, ist es eher so, dass sie noch Wünsche aneinander haben.

Lügen ist Liebe

Schwindeln macht das Sozialleben erst erträglich. Sogar in der Beziehung ist es mitunter ratsam, die Wahrheit zu vertuschen

Welt-am-SonntagNach neun Jahren, fand Martina, war es an der Zeit. Sie wollte Kinder und vorher noch heiraten. Weil ihr Freund, Christian ihr die Frage aller Fragen aber nie stellte, machte sie ihm irgendwann einen Antrag. Er lehnte ab. „Wenn du so fragst, wird mir klar: Ich warte seit Jahren darauf, etwas Besseres zu finden.“ Martina war am Boden zerstört: „Ich wünschte, ich hätte nie erfahren, dass er so denkt.“ Christian sagt: „Ich wollte nur ehrlich sein.“ Martina wäre lieber belogen worden. Die Lüge hat es schwer gegen die Wahrheitsliebe, die sich Menschen so gerne bescheinigen. Noch. Aus ganz unterschiedlichen gesellschaftlichen Ecken hört man in jüngster Zeit nämlich Plädoyers dafür, es mit der Ehrlichkeit nicht immer ganz genau zu nehmen. Ob Managerberater, Paartherapeuten, Philosophieprofessor – allesamt haben sie triftige Argumente für das gelegentliche oder gar systematische Lügen parat.
Wie erfolgreich das Nicht-Authentische sein kann, weiß etwa Stefan Wachtel. Der Executive Coach arbeitet mit Managern und Politikern – und rät ihnen, eben nicht echt zu sein. Man solle sich vielmehr so präsentieren, „wie man wahrgenommen werden will“, so Wachtel. Dass man Authentizität rein positiv assoziiere und auch im Berufsleben stets danach strebe, das Innere nach außen zu kehren, sei ein großer Fehler. „Wer immer so ist, wie er zu sein meint, vermittelt wenig soziale Kompetenz“, erklärt der Coach. „Jeder muss sich eine Rolle kreieren, in der definiert ist, was man sein und was man erreichen will.“ Dementsprechend solle man „professionell inszenierte Authentizität an den Tag legen“. Ein Widerspruch in sich, den der Coach aber „entscheidend für den beruflichen Erfolg“ nennt: „Lassen Sie Ihr Inneres, wo es ist!“
Vielleicht mag der eine oder andere jetzt denken, dass er nicht gut darin ist, anderen etwas vorzugaukeln, oder dass er gar nicht lügen will. Aber streng genommen belügt man sich damit nur selbst. Die meisten Menschen schwindeln ohnehin regelmäßig. Zwar nicht 200 Mal am Tag, wie es lange durch die Medien geisterte. Aber oft. So fand der US-Psychologe Robert Feldman bei Tests mit Studierenden heraus, dass sechzig Prozent der Erwachsenen in einer zehnminütigen Konversation lügen – im Schnitt zwei bis drei Mal.
Viele der Alltagslügen dienen dazu, sich in einem besseren Licht zu zeigen oder dem anderen ein besseres Gefühl zu geben. Da stimmt man jemandem zu, dessen Meinung man nicht teilt oder erfindet eine Verabredung, um sich vor einer Einladung zu drücken. „White lies“, sagt der Engländer dazu. „Harmlose Lügen“. Diese nicht ganz wahren Aussagen, darüber herrscht ein unausgesprochener Konsens, sind das Schmiermittel unserer Gesellschaft. Ohne sie wäre alles viel mühsamer, der Alltag ein Minenfeld von Kränkungen.
Doch bei den großen Themen – und auch das ist Konsens – soll man bitteschön unbedingt bei der Wahrheit bleiben. Warum eigentlich? Es fallen einem doch für das Liebesleben, für Freundesund Verwandtschaftsbeziehungen sofort Lügen ein, die das Leben viel leichter machen. Auch für den Belogenen.
Die Paartherapeuten Margot und Michael Schmitz haben im Juni „Ein Buch zur Sache“ – so der Untertitel – veröffentlicht, „Liebe Lust und Ehebett“ heißt es und spricht aus, was viele Menschen nicht hören wollen und andere nicht zu denken wagen. Nämlich: „Lügen gehören zur Beziehungspflege. Das Postulat ‚Du sollst nicht lügen‘ ruiniert Beziehungen.“ Und: „Erst recht treibt die Haltung in den Niedergang ,Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht‘. Damit ist für jede Beziehung schon das Todesurteil gesprochen.“ Vor allem vermeintlich ehrliche, aber letztlich destruktive Diskussionen gilt es zu vermeiden. Indem man sich eben nicht alles sagt („Deine Schwangerschaftsstreifen finde ich enorm unsexy“) – und nicht alles genau wissen will („Welche von meinen Freundinnen findest du eigentlich richtig scharf“?). Entscheidend wird das,
wenn Untreue ins Spiel kommt. Dazu muss man ein paar Wahrheiten nüchtern anerkennen: Ein Partner kann dem anderen nie alles geben, was der sich wünscht. So kommt es zu Verhältnissen, Seitensprüngen, Affären – die aber kein beziehungserschütterndes Drama sein müssen und nicht per se zeigen, dass etwas in der Beziehung im Argen liegt. Therapeut Michael Schmitz erklärt es so: „Es geht um Seitensprünge, die dem Paar-Partner nichts wegnehmen, die er nicht spürt und die den bestehenden Zusammenhalt des Paares nicht gefährden.“ Er nennt solche Affären, die Freiräume schaffen, gar „beschwingt“ – und rät eindringlich, sie durch Lügen zu verschleiern: „Wir müssen erkennen, wie das Leben nun mal ist und Denkvarianten annehmen, die helfen, die Anforderungen dieses realen Lebens zu bewältigen. So können Paare glücklicher werden.“
Ein heimliches Verhältnis, so versichern die Therapeuten, könne sich sogar positiv auf die bestehende Partnerschaft auswirken. „Wer belebt und mit neuem Selbstbewusstsein, mit erfüllten Bedürfnissen zurückkommt, kann der Beziehung neue Impulse geben“, sagt Michael Schmitz. Aber eben nur, wenn er niemals verrät, woher diese Impulse kommen. Häufig sind die Lügen, mit denen der Betrug gedeckt wurde, für die Betrogenen die größere Kränkung als der Seitensprung an sich. Gerade deshalb sieht Michael Schmitz keinen Grund, dem Partner diese Verletzung aktiv zuzufügen: „Mit dem Verschweigen schützt der Lügner sich selbst – aber eben auch den Partner. Er verletzt ihn nicht mit einer Wahrheit, die weder für ihn noch für die Beziehung eine Bedeutung hat.“ Daher sei es ungerecht, dem Lügenden seine Lügen vorzuwerfen. Er meint es ja gut!
Was aber, wenn sich ein Paar explizit auf gegenseitige Treue verständigt? Ein solcher Deal macht die Beziehung nicht unbedingt besser: „Der Mensch ist nicht auf Monogamie angelegt“, sagt Schmitz. Die Defizite und Kompromisse, die in einer monogamen Beziehung zwangsläufig erlebt werden, können auf Dauer unzufrieden machen.
Und dann? Bereits zwei Millionen Mal wurde das Video der Psychotherapeutin und Paarberaterin Esther Perel geklickt, die auf einer Ted-Konferenz zu „Rethinking infidelity“ dozierte: „Untreue neu denken“. Perel hält es ebenfalls für klug, den Partner und sich ein paar Wahr-
heiten zu ersparen.
„Für den Betrogenen ist es wichtig, sich die Neugierde nach Details zu verkneifen“, also Fragen nach dem wo und dem wann. Besser sei es, sich zu erkundigen, was dem Partner die Affäre bedeutet habe. Perel bietet paartherapeutische Sitzungen an, in denen sie einzeln mit den Partnern spricht und Ehrlichkeit lediglich ihr als Therapeutin gegenüber verlangt. Das Paar aber soll und muss sich nicht alles sagen. Die psychoanalytische Regel, dass Wahrheit heilt, wird auch von Margot und Michael Schmitz angezweifelt: „Im Laufe der Jahre ist bei uns die Überzeugung gewachsen, dass sie oft mehr schadet als nutzt.“
Nun fürchten manche Menschen um das Vertrauen, das Gemeinschaften zusammenhält. Tatsächlich plädiert LügenForscher Robert Feldman in seinem Standardwerk „Lügner“ aus eben diesem Grund, selbst auf Schwindeleien wie „Dein Kleid sieht toll aus“ zu verzichten.
Doch könnte man nicht langsam ein neues Verständnis von Vertrauen etablieren? Das sich dadurch definiert, den anderen ihre kleinen Tricks und Geheimnisse zuzugestehen? „Es geht beim Vertrauen nicht um einen Wahrheitsfanatismus“, sagt der Philosophieprofessor Franz Josef Wetz. Er beschäftigt sich seit mehr als zehn Jahren mit Wahrheit und Lüge. „Einander zu vertrauen bedeutet nicht, sich immer alles sagen zu wollen und zu müssen. Sondern sicher sein zu können, dass der andere das sagen wird, was für beide und die Beziehung wichtig ist. Und anderes eben nicht.“ So könne man miteinander aufrichtig sein, ohne immer ehrlich sein zu müssen.
In der Bibel übrigens wird in den zehn Geboten nur eine ganz spezielle Form der Lüge untersagt: Die Falschaussage („Du sollt nicht falsch Zeugnis ablegen wider deinem Nächsten“). Franz Josef Wetz nennt drei Formen von Unwahrheiten als zentral im Alltag: Das Verschweigen von Wahrheiten, das Leugnen von Verdächtigungen, das aktive Lügen durch das Erfinden von Geschichten.
All das klingt nicht unbedingt sympathisch – und doch gelten gerade Lügner als sozial geschickt und sensibel. Denn umgekehrt gilt: Wer häufig unverblümt die Wahrheit sagt, ist in seinem Umfeld unbeliebter. „Lügen ist keine Unart, sondern eine Fähigkeit, Kompetenz und Lebenstechnik“, sagt Wetz. In rund fünfzig Prozent der Fälle erzählen Menschen aus prosozialen Gründen die Unwahrheit. In Freundschaften und Beziehungen wird meist gelogen, um Belastungen zu vermeiden, die Beziehung vor Gefährdungen zu schützen und um das Selbstwertgefühl des Partners aufzubauen. Dass dabei gleichzeitig auch egoistische Motive erfüllt werden, darf man annehmen – und als Gewinn verbuchen.
„Ehrlichkeit ist manchmal nur grausame Gefühlsrohheit“, sagt Wetz. Er erkennt im Lügen eine ganz eigene Form der Nähe zum Belogenen: „Die Wahrung eines Geheimnisses kann von besonderem Einfühlungsvermögen und sensibler Zuneigung zeugen.“ Frauen beherrschen diese Form der Lüge übrigens besser als Männer. Und Frauen sind es auch, die sich mit diesem Thema verstärkt auseinandersetzen. „In meine Lesungen und Vorträge kommen bis zu 70 Prozent Frauen“, berichtet Wetz. „Männer lügen, denken aber nicht so viel darüber nach.“ Insgesamt sei es ein Thema, das spalte: „Ich erfahre entweder große Zustimmung oder absolute Ablehnung. Interessanterweise steigt die Zustimmung mit dem Alter, gerade älteren Studenten ab etwa 40 Jahren sind meist auf meiner Seite, während die jungen Studierenden moralisch noch sehr rigoros sind. Denen ist das Leben noch nicht passiert.“
Dabei ist es doch so: Auch wenn die meisten Menschen die Wahrheit lautstark einfordern und für sich beanspruchen, wollen sie diese nicht bedingungslos hören. Die Forschung belegt, dass Menschen Lügen in vielen Fällen nicht nur stillschweigend akzeptieren, sondern sie sich sogar wünschen. Besonders motiviert, Unwahrheiten anzunehmen, ist man, wenn sie schmeichelhaft und konsistent mit dem eigenen Selbstbild sind. Doch damit diese Mechanismen funktionieren, muss der öffentliche Diskurs die Lüge verdammen – sonst wären die Aussagen ja nichts mehr wert.

Verliebtheit, Sex, Beziehung: „Ein bissl realistischer bitte …“

Wer weniger Illusionen hat, hat mehr von der Liebe. Das wollen die Paar-Berater Margot & Michael Schmitz mit Ihrem neuen Buch belegen. Wer fremdflirtet, gut lügen kann und vernünftig verhandelt, ist der wahre beziehungsmeister. Wir baten die Autoren, selbst ein Ehepaar, zum Talk.

WOMAN_PartnerschaftAlle wollen’s, aber längst nicht alle kriegen es auch hin: eine Beziehung, die Freude macht. Am Anfang mag ja noch alles eitel Wonne sein, doch mit der Dauer wird die Zweisamkeit immer ungemütlicher. Die Statistik sagt es klar: In den ersten zwei Jahren nach Eheschließung beschreiben nur mehr 52 Prozent der Frauen ihre Beziehung als sehr glücklich, 20 Jahre später sind es nur noch sechs Prozent. Den Männern geht es ähnlich. Einen Hauptgrund für die liebestechnischen Niederlagen sehen die Paarberater und Eheleute Dr. Margot und Dr. Michael Schmitz (schmitz.at) in der irrigen Annahme, „dass Partnerschaft Glück bescheren soll, ohne dass es Arbeit macht!“ – woanders strengen wir uns nämlich selbstverständlich für Ziele an. Dazu kommen Illusionen. „Die Menschen sind nicht monogam veranlagt“, gibt Margot Schmitz, Fachärztin für Psychiatrie und Mutter von ExSchwimmstar Markus Rogan, 33, sowie von Rosa, 19, ein Beispiel, und sieht in „kleinen Ausrutschern“ keinen Weltuntergang. Wichtig wäre es, in Beziehungen Dinge genauso auszuverhandeln wie überall anders. Mit ihrem Mann, einem Psychologen und Journalisten, hat sie das Buch „Liebe, Lust und Ehebett“ geschrieben, in dem die beiden Klartext reden. Ebenso wie in unserem Interview.

»Liebe heißt ja, die Schwächen des anderen zu servicieren und nicht, sie vorzuwerfen oder für nicht existent zu erklären.«

WOMAN: Für wen haben Sie dieses Buch geschrieben?
MARGOT SCHMITZ: Für alle, die nicht glauben, dass mit der Hochzeit die Liebe von selbst ausbricht. Die genug Realitätssinn haben, um zu wissen, dass dann die Einhaltung eines ernsthaften Versprechens erst erarbeitet werden muss.
WOMAN: Die meisten träumen ja doch von einer Liebe bis ans Lebensende!?
MARGOT SCHMITZ: Aber gibt es das überhaupt? Gibt es eine freiwillige, lange Beziehung, die nicht auf Umwegrentabilität, Versorgung, Mutlosigkeit, Gewohnheit basiert? Wenn man hört, wie Leute, die 20 oder 30 Jahre verheiratet sind, stöhnen und wie sie sich zueinander benehmen, dann würde ich glauben, das ist zumindest die Ausnahme.
WOMAN: Sie sind mit Ihrem Buch angetreten, das zu ändern. Was schlagen Sie vor?
MICHAEL SCHMITZ: Es hilft schon mal sehr, wenn man die Fähigkeit hat, den anderen wahrzunehmen. Zu merken, was ihm guttut und was ihn verletzt.
MARGOT SCHMITZ: Wenn man sich was erarbeiten kann, dann: füreinander wichtig, aber nicht alles sein. Der Anspruch „du bist mein ganzes Herz“ ist Schwachsinn. Genauso wie das Hochhalten unverbrüchlicher Treue. Denn fast alle begehen doch irgendwann diese sogenannten Todsünden. Der Mensch ist eben nicht für Monogamie geschaffen. Daher ist es besser, sich einen Plan zu erarbeiten. Was tut man mit all den Dummheiten, die passieren werden? Zumal man mit einem neuen Partner die gleichen Spielchen erleben wird.
WOMAN: Wie kann so ein Plan aussehen?
MICHAEL SCHMITZ: Jedes Paar sollte einen Plan haben, was jeder für sich und was beide zusammen wollen – ein Bild von der gemeinsamen Zukunft. Der Plan sollte auch vorsehen: Wie achten wir auf unsere Verbundenheit? Dazu müssen Partner sich regelmäßig gemeinsame Zeit nehmen, mitbekommen, was den anderen beschäftigt, wie er sich entwickelt. Und dann ist es auch hilfreich, sich zu verständigen, wie wichtig Treue für jeden ist und wie man damit umgehen will, falls einer untreu wird. Wenn es zu einer Affäre kommt und sie auffliegt, gehen allerdings schnell viele gute Vorsätze verloren. Daher ist es so wichtig, zu wissen, warum man zusammen ist, und immer wieder eine Bestandaufnahme zu machen: Was läuft gut, was freut uns aneinander und miteinander und welche Wünsche gehen nicht in Erfüllung? Haben wir überhaupt noch gemeinsame Ziele?
WOMAN: Oder man sagt: Ich hab halt nur Beziehungen, solange es gut klappt, und dann auf zur nächsten!
MARGOT SCHMITZ: Das macht aber auf Dauer sehr unglücklich. Zumal die Pausen dazwischen immer länger werden, die Sehnsüchte immer größer und die Auswahl immer magerer.
MICHAEL SCHMITZ: Die meisten Menschen wünschen sich eine dauerhafte Beziehung. Aber nicht jede Partnerschaft hat die Kraft, ein Leben zu halten. Und wenn es nichts mehr gibt, das einen freudig zusammenhält, dann muss man sie aufgeben. Die Gefahr ist nur, dass viele enttäuscht nach etwas anderem suchen, ohne zu überlegen, mit welchen falschen Vorstellungen sie in die Beziehung gegangen sind. Wenn man immer weiter einem Ideal nachrennt, wird das zum ewigen Frust.
WOMAN: Ihre Hauptmessage ist offenbar: Leute, seid ein bissl realistischer!
MARGOT SCHMITZ: Ja, ganz richtig. Liebe heißt ja, die Schwächen des anderen so gut wie möglich zu servicieren. Nicht sie vorzuwerfen oder für nicht existent zu erklären, sondern dafür gemeinsam zu trainieren. Jemand, der seine Socken immer liegen lässt, wird sie dann, statt immer, häufig liegen lassen. Und dann muss man sagen: „Toll!“ Um das geht’s. Um solche Kleinigkeiten. Jemand, der nicht kochen kann, kann lernen, aufzuwärmen. Die realistische Erkenntnis ist: Aus einem super Essensaufwärmer wird kein Chefkoch, aber es erfüllt den Zweck, den man anstrebt: heute mal nicht fürs Kochen zuständig zu sein.
MICHAEL SCHMITZ: Am Anfang findet man noch alles toll am anderen, später nerven die Kleinigkeiten. In der Zeit der Verliebtheit gibt es keine ausgebrannten Birnen, keine Zahnpasta, die ausgeht, und keine leere Klorolle. Viele können es dann auch schlecht akzeptieren, wenn ihnen selbst etwas wichtig ist, das den anderen aber nicht interessiert. Den anderen ungekränkt in seiner Andersartigkeit zu nehmen, das ist die wahre Herausforderung.
WOMAN: Die Verliebtheit hat die Natur gut eingerichtet. Ohne rosarote Brille würde so manches Paar nie zusammenkommen …
MARGOT SCHMITZ: Eben. Ich bin mir nicht so sicher mit der Verliebtheit. Weil sie den oft ohnehin nicht so üppig vorhandenen Verstand (lacht) zusätzlich vernebelt. Dieser Wahnsinn gaukelt einem vor: Es geht auch ohne Arbeit. Man muss gar nichts für die Beziehung tun. Es wäre besser, wenn man schön langsam über eine Freundschaft zur Beziehung käme. Das Problem ist allerdings, dass man sich dann nicht nur einen schnappen würde. Denn ohne Verliebtheit gibt es ja keine Ausschließlichkeit.
MICHAEL SCHMITZ: Ich muss da widersprechen. Verliebtheit ist schon toll. Ich wünsche jedem, dass er dieses Gefühl erlebt. Am besten mit seinem Partner immer wieder.
WOMAN: Und das geht?
MICHAEL SCHMITZ: Das geht. Es gehört allerdings zeitweise eine gewisse Distanz dazu. Dass man sich auch mal voneinander entfernt. Dass man dem anderen seine Eigenheit lässt und dann schaut, wie er sich entwickelt. Wenn ich meine Frau oft so in Gesellschaft sehe, und ich würde sie noch nicht kennen, könnte ich mich glatt neu in sie verlieben.
WOMAN: Man hört aber oft, dass viele sich an das gute Aussehen und andere Qualitäten des Partners so gewöhnen, dass sie es gar
nicht mehr wahrnehmen?
MARGOT SCHMITZ: Das passiert, wenn man keine Überraschungen bringen kann. Wenn man ewig die gleiche Rolle von schön, lieb, folgsam oder sonstwas spielt. Wer will sich schon das ganze Leben das gleiche Stück anschauen? Spannung ist absolut notwendig. Wenn ich sage, dass ich meinen Mann vollkommen
berechnen kann, könnte man den Sargdeckel über der Beziehung zuschlagen. Es müssen Geheimnisse bleiben. Man muss sich fragen: Was macht er schon wieder? Ein bisschen Spionage darf sein, aber bloß keine Paranoia.
WOMAN: Puh, das ist ja wirklich alles eine Gratwanderung.
MICHAEL SCHMITZ: Ja, eine ewige. Sorry, Liebe ist Arbeit.
WOMAN: Und der Sex wird mit den Jahren auch nicht unbedingt spannender.
MARGOT SCHMITZ: Man wird für den Partner jedenfalls attraktiver, wenn man bei anderen zieht. Es gibt nichts Spannenderes, als wenn der Ehemann von anderen angeflirtet wird. Und es ist auch hilfreich, wenn man selbst kein unverkäufliches Modell ist. Daher sollte man entsprechend eitel sein, „in Shape“ bleiben und einen guten Friseur kennen.

»Ich würde das gar nicht so genau wissen wollen. Würde ich es mitbekommen, bekäme ich wohl zuerst einen Tobsuchtsanfall.«

WOMAN: Das ist aber riskant. Was, wenn der Flirt zu einem Seitensprung wird?
MARGOT SCHMITZ: Abenteuer-Sex sollte man als etwas sehen, das mal passieren kann. Aber man sollte sich sicher sein: Er findet eh nix G’scheiteres als mich.
MICHAEL SCHMITZ: Es ist mit Affären so wie mit Krisen. Wir kommen besser klar, wenn wir akzeptieren, dass sie eintreten können. Dann achten wir auch mehr auf Anzeichen und können einiges im Vorfeld tun. Eifersucht kann ein gutes Frühwarnzeichen sein. Wenn man sie anspricht und dann gemeinsam überlegt, wie sie entsteht und ob sie einer angemessenen Wahrnehmung entspricht. Ein Paar kann aushandeln, mit welchem Verhalten und mit welchen Zugeständnissen es Eifersucht eindämmen will. Mit einer Affäre kann aber auch ein neues Leben beginnen. Sie kann ein Anstoß sein, sich zu besinnen und eine Beziehung zu retten.
WOMAN: Würden Sie denn eine Affäre Ihres Partners akzeptieren?
MICHAEL SCHMITZ: Ich würde das gar nicht so genau wissen wollen. Würde ich es mitbekommen, bekäme ich zuerst wohl einen Tobsuchtsanfall. Weh tut es immer. Aber unsere Beziehung hat so viel Zusammenhalt und ein so stabiles Fundament, dass ich mich bemühen würde, darüber hinwegzukommen. Eine Affäre ist ja keine alternative Liebe.
MARGOT SCHMITZ: Ich würde ein Theater machen. Aber eine Affäre wäre ein falscher Grund, sich zu trennen.
WOMAN: Soll man den Fehltritt gestehen?
MICHAEL SCHMITZ: Nein, unbedingte Ehrlichkeit ist rücksichtslos. Warum den anderen belasten, wenn es der Partnerschaft nichts wegnimmt?
MARGOT SCHMITZ: Ohne Vertrauen geht keine Beziehung, ohne Lügen auch nicht. Gut lügen allerdings.
WOMAN: Das kann sicher auch nicht jeder. Aber wenn es um langweilig gewordenen Sex geht, helfen Lügen auch nichts mehr. 74 Prozent der Frauen in fixen Beziehungen, so schreiben Sie, klagen über Lustlosigkeit.
MARGOT SCHMITZ: Ja, weil sie nicht im Mittelpunkt stehen. Weil sie das Gefühl haben, sie sind für ihn nicht der Nabel der Welt. Da möchte sie etwa eine Nummer im Bett beginnen, und er schaut lieber Fußball. War einfach der falsche Zeitpunkt. Auch das kann man übrigens verhandeln. „Okay, der Sonntag gehört dir, und für Samstag stell ich das Menü zusammen.“
MICHAEL SCHMITZ: Ein anderer Punkt: Wenn ich denke, meine Sexualität kommt aus einer automatischen Geilheit und ich will Druck ablassen, führt das bei Männern oft zu hastigem Rammelsex. Frauen lassen sich aber anders auf Sexualität ein, wollen sich annähern, einen Tanz tanzen. Zu schweren Enttäuschungen kommt es, wenn der Mann nach dem Orgasmus gleich aus der Intimität aussteigt. Die „Sportschau“ aufdreht. Er hat beim Sex gar keine Beziehung hergestellt. Auf so etwas hat frau bald keine Lust mehr.
WOMAN: Sie sind ein Psychologen-Ehepaar. Sind Sie im Beziehungs-Vorteil, weil Sie wissen, warum der Partner wie reagiert?
MARGOT SCHMITZ: Nein, die Psychologen können es auch nicht besser. Und das mag ich gar nicht, dass man dem anderen etwa sagt: „Jetzt verdrängst du aber“ oder „du bist im Widerstand“. Was soll das bringen?
MICHAEL SCHMITZ: Das Einzige ist viel-leicht die Bereitschaft, zuzugeben, dass nicht nur einer Recht haben kann.
MARGOT SCHMITZ: Was auch gar nicht geht, ist, wenn einer sich ständig als Opfer sieht. Eine Partnerschaft gelingt nur, wenn ich nicht in Schuld und Unschuld einteile. Beziehung ist nie richtig oder falsch, sondern etwas, das ständig neu verhandelt werden muss. Wo nicht einer als der alleinige Trottel hervorgehen kann. Oder einer ist der Herr, der andere der Knecht. Das funktioniert zwar, aber ausreichend schlecht.
WOMAN: Sie sind seit 20 Jahren verheiratet. Ihre Rezepte, die ja auch auf Ihren Erfahrungen basieren, bewähren sich offenbar. Soll man heiraten?
MARGOT SCHMITZ: Man soll nicht heiraten, man kann, wenn man nicht muss.
WOMAN: Wie meinen Sie das?
MARGOT SCHMITZ: Gerade als Frau muss ich mir genau überlegen, ob ich da jemanden an meine Seite krieg, der ein zusätzliches Asset ist. In Sachen Hilfe, Geld, Rückhalt. Der im Ernstfall, wenn ich etwa eine Woche nach Australien muss, daheim den Laden schupft. Der kein zusätzliches Kind mit Ansprüchen ist und einem auch noch vorrechnet, wie viel Geld man verbraucht. Sonst verlasse ich mich doch lieber ganz auf meine eigene Kraft und auf das, was ich allein managen kann. Mein Mann war ZDF-Korrespondent, als unsere Tochter Rosa klein war. Er ist in der Nacht aufgestanden und hat Rosa mit auf seine
Korrespondenten-Touren geschleppt, auch wenn es schwer war. Ich glaube, deshalb sind wir noch verheiratet.
WOMAN: Es gibt aber auch den Trend zurück an den Herd!
MARGOT SCHMITZ: Ja, weil das sicher ist.
Was wir da empfehlen, „fürchte dich täglich, wie’s ausgeht“, ist ja auch nicht jedermanns Sache. Für die meisten Frauen ist eine Ehe-Karriere kein Ideal mehr. Das ist mit 40 fad, auch wenn man in der Villa in Kitzbühel residiert und den neuesten Töpferkurs macht. Nicht umsonst stürzen Frauen mit 45, 50 in die Depression ab, wenn sie so ein Modell gelebt haben.
MICHAEL SCHMITZ: Aber die jüngeren Männer heute wollen ohnehin erfolgsorientierte Frauen. Frauen, die selbst gut verdienen. Schlau ist das neue sexy. Damit auf Dauer zu leben, fällt ihnen aber auch nicht leicht. Denn die erfolgreichen Frauen wollen nicht immer nur zuhören, sondern, dass ihnen zugehört wird. Sie wollen nicht nur unterstützen, sondern unterstützt werden. Oder einfach mal nur in Ruhe gelassen werden.
WOMAN: Bleiben da die Kinder nicht auf der Strecke?
MICHAEL SCHMITZ: Nein, denn sie sehen mehr Rollen und müssen nicht die verdrängten Wünsche der Mutter erfüllen. „Wenn ich schon zu Hause bleibe, dann wirst wenigstens du …“ Und Kinder sehen dann auch: Alle packen an. Denn wenn der Herr Chef sitzt und sich das Bier bringen lässt, lässt sich’s der Sohn auch bringen. Aber so wird vom Einräumen des Geschirrspülers bis zum Einkaufen alles verhandelt. Zur Hochzeit würde ich meiner Tochter übrigens kein weißes Kleid, sondern ein Kindermädchen schenken.
WOMAN: Worüber klagen Männer eigentlich am meisten in der Therapie?
MARGOT SCHMITZ: Nicht im Mittelpunkt zu stehen, der Trottel zu sein, nicht wahrgenommen zu werden. „Ich werde nur geliebt für meinen Geldbeutel.“ „Ich kriege kein Kompliment.“ Das narzisstische Bedürfnis ist bei Männern und Frauen ziemlich gleich ausgeprägt. Jeder will der Wichtigste sein. Beziehung ist halt schwer, sicher die schwerste Nummer im Leben.

Von MIRIAM BERGER