Ist es nicht absurd? Während die Wirtschaftsforscher uns auf harte Zeiten einstimmen und vor übertriebenem Optimismus warnen, knallt die „Harvard Business Review“ das Thema Glück auf das Cover ihrer aktuellen Ausgabe. Haben Manager nicht andere Sorgen?
Harvard meint: Besser nicht! Denn Studien belegen: Wer glücklich ist, hat mehr Erfolg. Wenn Manager ihr Glück und das ihrer Mitarbeiter fördern, steigt die Leistung. Dazu müssten Manager lernen, wie sie Glück managen können.
Das nämlich geht. Früher meinten Psychologen, wie glück- lich wir seien, hänge von unseren Genen ab. Das stimmt aber nur zu einem gewissen Maße. Manche Menschen sind von Haus aus Frohnaturen. Andere kommen mit einem Grantler-Gen zur Welt. Aber jeder, der wirklich will, kann sich verändern, glücklicher werden und dann auch positiven Einfluss nehmen auf andere.
Glück macht erfolgreich, Angst nicht. Die Forschung belegt: Glückliche Menschen sind in ihrem Beruf engagierter, krea- tiver, ausdauernder, können leichter Fehler wegstecken, ar- beiten besser mit anderen zusammen und leisten mehr. Außerdem fördert Glück die Gesundheit. Wer glücklich ist, verfügt über höhere Abwehrkräfte und wird nicht so schnell krank. Angst und Druck mögen kurzfristig zur Steigerung der Leistung führen. Doch solche Effekte halten nicht lange vor.
Angst blockiert das Denken. Chefs, die ihre Mitar- beiter unter Druck setzen und ihnen Angst machen, zerstören Engagement und Loyalität. Sie fördern – meist verdeckte – Leistungsverweigerung. Viele Manager argumentieren, zufriedene Mitarbeiter neigten schnell zur Selbstzufriedenheit, und daher gehe nichts voran. Stimmt. Weil Selbstzufriedenheit zu geistiger Sattheit, Bequemlichkeit und zu Langeweile führt. Langeweile hasst aber jeder. Manager dürfen sich selbst nicht mit stupider Routine langweilen – und nicht ihre Mitarbeiter.
„Unterlassen, was Mitarbeiter in ihrer Würde verletzt: Ignoranz, Sarkasmus, Geringschätzung.“
Kein schneller Kick zum Glück. Nicht langweilig ist es, wenn es immer wieder etwas Interessantes zu tun gibt. Interessant ist es, Ziele anzusteuern, die nicht ganz leicht zu erreichen sind, aber auch nicht überfordern. Persönliche Fähigkeiten müssen gefragt und gefördert werden. Sie müssen sich fortlaufend entwickeln können. Dann stimulieren Herausforderungen. Wir empfinden sie als angenehm. Sie fördern unser Glücksempfinden.
Weit verbreitet ist der Irrtum, anhaltendes Glück komme mit außergewöhnlichen Erlebnissen oder Sensationen daher. Eine Beförderung, ein fetter Jahresbonus, ein großes Eckbüro oder ein nobler Dienstwagen – das mag für einen kurzen Kick sorgen. Der Glücksrausch ist aber rasch vorbei, weil wir uns an solche Gratifikationen schnell gewöhnen. Sie erhöhen nicht anhaltend unser Wohlbefinden. Viel effektiver sind viele kleine, unspektakuläre Glückserlebnisse: abwechslungsreiche und spannende Aufgaben, die uns gut gelingen, Anerkennung für unsere Leistung, freundliche Kollegen, die uns ihre Wertschätzung und Sympathie zeigen. Beständiges Glück kommt nicht mit dem großen Bang. Es geht nur Schritt für Schritt. Mit vielen kleinen Aktivitäten. Das aber kontinuierlich. Nicht durch Zufall. Wer das nicht begreift, wartet vergeblich und muss immer enttäuschter werden.
Freiheiten, Ressourcen, Informationen geben. Manager fördern das Glück von Mitarbeitern nicht mit Jahresprämien oder routinierter Aufmerksamkeit in vorgeschriebenen Mitarbeitergesprächen. Sie tun dies, indem sie ihnen Freiheit geben, wie sie ihre Arbeit machen, ihnen also Kontrolle über sich zugestehen. Mitarbeiter brauchen, um ihre Aufgaben erfüllen zu können, ausreichend Informationen. Sie müssen wissen, wo es insgesamt langgeht und welchen Beitrag sie zum Gelingen des Großen und Ganzen leisten können.
Dazu benötigen sie die entsprechenden Ressourcen. Dafür muss ein Chef sorgen. Außerdem muss er häufig und gut Feedback geben. Gemeint ist nicht „gutes“ Feedback. Es geht nicht um Lobhudelei. Gut ist Feedback, wenn es so gegeben wird, dass es angenommen werden kann, und jeder weiß, wie die persönliche Leistung gesehen und wie sie gefördert wird.
Unterlassen müssen Manager alles, was Mitarbeiter in ihrem Stolz und in ihrer Würde verletzt: Ignoranz, Sarkasmus, Geringschätzung. Solches Verhalten verletzt umso mehr, wenn Chefs es vor Publikum inszenieren. Sie demütigen damit nicht nur den Attackierten. Sie sorgenfür ein schlechtes Betriebsklima. Das schadet der Zusammenarbeit und letztlich der Leistung.
Glück ist zu managen. In schwierigen Zeiten ist das umso notwendiger. Dazu brauchen Manager die richtige Haltung. Erfolg entsteht nicht aus Glück. Glück fordert Erfolg. Für Glück können wir sorgen, völlig unspektakulär. Es verlangt Bereitschaft, Aufmerksamkeit und Kontinuität.
Wir können uns – ganz schlicht – freundlich begegnen und miteinander umgehen. Wir können uns herausfordernde, aber erreichbare Ziele setzen oder sie einfordern, wenn sie uns nicht angeboten werden. Wir können die pessimistische Haltung ablegen, mit der wir uns einreden, etwas nicht zu können, obwohl wir es gar nicht versucht haben. Zu all dem können Manager besonders beitragen – für sich und für ihre Mitarbeiter. Sie können Vorbild sein.