MRT zeigt Demenzrisiko
Die automatisierte MRT-Hippocampusvolumetrie ermöglicht es, gesunde von pathologischen Alterungsprozessen im Gehirn früh zu unterscheiden. Das ermöglicht den Betroffenen, mit einem gezielten Vorsorgeprogramm der Demenz entgegenzuwirken.
Kleine Konzentrationsschwächen, wiederholte Aufmerksamkeitslücken, beginnende Vergesslichkeit, all dies kann Menschen, die sich im bisherigen Leben auf ihre geistige Fitness verlassen konnten, leicht zur Qual werden, wenn das Gehirn zu altern beginnt. Die Magnetresonanztomographie (MRT) wird in diesen Fällen seit geraumer Zeit eingesetzt, um die Ursachen abzuklären. Nachdem Tumore oder Gefäßerkrankungen ausgeschlossen wurden, bleibt die Frage, ob es sich um gesundes oder pathologisches Altern handelt. Mit der herkömmlichen MRT konnte diese Frage nicht beantwortet werden, da die neuronalen Verluste erst sichtbar werden, wenn die Degeneration ein gewisses Ausmaß überschreitet.
„Für Vorsorgemaßnahmen ist es dann aber schon zu spät“, betont Doz. Dr. Margot Schmitz, Fachärztin für Psychiatrie und Neurologie und Expertin für Alzheimer-Vorsorge. „Ziel ist es, die frühen Anzeichen pathologischen Alterns des Gehirns zu erkennen, weil durch gezielte Interventionen, die früh genug einsetzen, dieser Prozess wieder rückgängig gemacht werden kann.“ Die automatisierte MRT Hippocampusvolumetrie, wie sie neuerdings in der Röntgenordination an der Wiener Privatklinik angeboten wird, ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. „Wir können pathologisches Altern des Gehirns jetzt erstmals rechtzeitig erkennen“, so Doz. Dr. Schmitz.
So funktioniert’s: Bei der automatisierten Hippocampusvolumetrie handelt es sich um ein computergestütztes MRT-Verfahren, bei dem mit hohem technischen Aufwand nach altersuntypischen Abbauprozessen im Gehirn gesucht wird. Besonderes Augenmerk wird dabei auf die graue Hirnmasse und den Hippocampus gelegt, dessen intakte Funktion von entscheidender Bedeutung für die Übertragung von neuen Informationen in das Kurzzeitgedächtnis ist.
„Das Besondere an dem neuen Verfahren ist, dass es sich erstmals um eine automatisierte Messung von Hirnvolumina handelt“, erklärte Doz. Dr. Philipp Peloschek, Radiologe der Röntgenordination an der Wiener Privatklinik. „Die Patienten kommen zu einer speziellen, hochauflösenden MRTUntersuchung, die etwa 20 Minuten dauert. Die Bilddaten werden ins Referenzzentrum der Universitätsklinik
Frankfurt – das erste und bisher einzige seiner Art – geschickt, wo sie mit Normaldaten von gesunden, gleichaltrigen Probanden verglichen werden. Anhand der Befunde, die uns zurückgeschickt werden, können wir ganz genau sehen, wo der einzelne Patient mit seinen Hirnvolumina im Vergleich zu gleichaltrigen Kontrollpersonen liegt. Gemeinsam mit Frau Dozent Schmitz werden diese Befunde dann interpretiert.“
Ein völlig neuer Weg Schrumpfungen von Hirnsubstanz als Folge zugrunde gehender Nervenzellen lassen sich mit dem MRT schon länger darstellen: mit bloßem Auge im Falle eines fortgeschrittenen Abbaus, mittels manueller Vermessung der Bilddaten im Forschungsumfeld. Die Firma jung diagnostics hat nun ein computergestütztes Verfahren entwickelt, das eine präzise, automatisierte Volumenbestimmung des Hippocampus
auf Basis von Hirn-MRT-Bildern ermöglicht und so den Einsatz des neuen Verfahrens in der allgemeinen Versorgung erlaubt. Die nötigen Kriterien für den klinischen Einsatz wurden gemeinsam mit der Universität Frankfurt unter der Leitung von Prof. Dr. Harald Hampel erarbeitet. Das dortige Referenzzentrum nahm im Jänner 2012 den Routinebetrieb auf. Die Röntgenordination an der Wiener Privatklinik war Partner der ersten Stunde. Voraussetzung für die Kooperation ist eine hohe Qualität der MRT-Bilder.
„Da wir diese besondere Qualität mit unserem modernen Scanner erreichen können, stand einer Zusammenarbeit nichts im Wege.“, so Doz. Dr. Peloschek.
Zielgruppe 50+
„Die automatisierte Hippocampusvolumetrie ist ein großer Fortschritt in der Diagnostik der pathologischen Hirnalterung“, sind sich Doz. Dr. Schmitz und Doz. Dr. Peloschek einig. „Wir können den Patienten nun einen Befund vorlegen, wo er ‚schwarz auf weiß‘ sieht, dass er etwas für seine Hirngesundheit tun muss.“ Die zentralen Aspekte in der weiteren Betreuung sind gesunde Ernährung, ein gezieltes Bewegungsprogramm, ausreichend Schlaf, die Beseitigung von (sub)- klinischer Entzündung sowie die Vermeidung von Alkohol, Nikotin und anderer schädlicher Genussmittel. „Hält man sich daran, lässt sich der Stress, der den Hippocampus zum Schrumpfen bringt, nachweislich reduzieren“, so Doz. Dr. Schmitz. Damit könne man gar nicht früh genug anfangen, denn sind erst einmal 25 Prozent des Gehirns abgebaut, wobei der Abbau in den Broca-Arealen beginnt und sich im Hippocampus von Beginn an niederschlägt, sind die Weichen in Richtung Demenz gestellt. Umgekehrt ist es möglich, einen pathologischen Altersprozess wieder in ein gesundes Altern überzuführen, wodurch die Entwicklung einer Alzheimer-Demenz in 60 Prozent verhindert werden könne, so Doz. Dr. Schmitz.
Zielgruppe des Untersuchungsprogramms zur Früherkennung pathologischer Hirnalterung sind Menschen über 50, die bemerken, dass das Gedächtnis nachlässt und neue Inhalte nicht mehr so gut gespeichert werden können wie früher. Bei diesen Menschen wird zunächst durch einfache klinische Tests grob zwischen normaler Altersvergesslichkeit und pathologischer Hirnalterung unterschieden. Erst nach Auswertung dieser Tests werden die Patienten gegebenenfalls von Doz. Dr. Schmitz zur MRT bei Doz. Dr. Peloschek in die Röntgenordination an der Wiener Privatklinik überwiesen.
„Wir können pathologisches Altern des Gehirns jetzt erstmals rechtzeitig erkennen.“ Doz. Dr. Margot Schmitz
Links: Koronare Ansicht einer gesunden 76-jährigen Frau. Der Hippocampus wurde automatische detektiert (weiße Linie). Hier zeigt sich keine Verminderung der grauen Substanz.
Rechts: Hirnsubstanz einer 80-jährigen Patientin mit früher Alzheimer-Erkrankung. Die volumetrische Analyse ergibt eine signifikante Verminderung der grauen Substanz des Hippocampus (in Farbe).