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Steve Jobs als Vorbild für Manager?

Vorbild-Jobs

Die „Harvard Business Review“ verspricht: „Auch Sie können sein wie Steve Jobs.“ Das ist Scharlatanerie.

Ja, auch Sie können sein wie Steve Jobs.“ Das soll die neue Zauberformel für Manager sein – mit Garantie für Ruhm, Macht und Reichtum. Diese Losung setzte die „Harvard Business Review“ fett über ihr jüngstes Editorial. Das Journal verspricht, uns „die wahre Führungs-Lektion“ zu liefern, verfasst von Walter Isaacson, Jobs’ Bestseller-Biograf. Damit sollen wir dem Apple-Gründer nacheifern können.
Aber ist das wirklich möglich? Wie sollte es uns gelingen, wie Jobs mit grandiosen Erfolgen über alle anderen herauszuragen, wenn jeder ihn in gleicher Weise nachahmen kann? Und wäre es überhaupt wünschenswert, wenn alle Manager zum Jobs-Klon mutierten und sich in sozial inkompetente Narzissten verwandelten?
Erfolg mit fragwürdigen Methoden. Gewiss, Jobs erzielte grandiose Erfolge. Wir dürfen sie bewundern. Sie haben mit seiner Persönlichkeit zu tun, damit, dass Steve Jobs eben Steve Jobs war – und damit, dass es Personen bei Apple gab, die es mit ihm ausgehalten haben. Denn Jobs war eine dauernde soziale Zumutung.
Er konnte äußerst charmant und verführerisch sein und sich mit einem Wimpernschlag in einen Despoten verwandeln, der andere fertigmachte, sie öffentlich demütigte, sie als völlig unfähig, als „Arschlöcher“ oder „shit heads“ beschimpfte. Wer nicht Perfektion lieferte, wie er sie sich vorstellte, der galt für Jobs als „Trottel“. Zeitweilige Weggefährten werfen ihm bis heute „Charaktermord“ vor.
Jobs konnte sich geschickt in andere hineinversetzen. Aber nicht, weil er sie verstehen und mitfühlen, sondern weil er sie benutzen wollte. Er konnte Leute, die er hasste, um den Finger wickeln und sie hinterrücks denunzieren. Er konnte selbst Menschen, die er mochte, zutiefst beleidigen.
Ideen von anderen kanzelte er oft als „völlig bescheuert“ ab, um sie irgendwann als seine eigenen zu präsentieren. Enge Mitarbeiter bescheinigten ihm grobe Wahrnehmungsstörungen und ließen sich doch von ihm immer wieder einfangen – diejenigen, die nicht zerbrachen unter seinen tyrannischen Aufführungen. Sie mussten ihn fürchten und hungrig sein nach seiner Anerkennung – oder völlig über den Dingen stehen.
Heldenverehrung & triviale Tipps. Jobs nahm nicht wahr, was seine Ambitionen und Visionen infrage gestellt hätte. Fokus war für ihn vor allem Fokus auf sich selbst. Er konnte die offensichtlichsten Tatsachen ignorieren und Dinge behaupten, für die es nicht den geringsten Beleg gab. Er meinte, die Regeln dieser Welt würden für ihn nicht gelten – weder als Entrepreneur noch als Mensch. Lange glaubte er, er könne seine Krebserkrankung mit Kräutern und Fasten heilen – und ließ sich erst operieren, als der Krebs sich schon ausgebreitet hatte und nicht mehr zu besiegen war.

Für Management-Erfolg gibt es keine Rezepte und keine Zauberformel.
Auch nicht von Jobs.

Das aufdringlich angepriesene Harvard-Lehrstück bagatellisiert Jobs’ persönliche Macken. Es inszeniert eine Heldenverehrung. Sehr amerikanisch. Nicht akademisch. Ohne Distanz. Jobs in Glanz und Gloria. Das Ganze verfertigt als schnöde Rezeptur.
Die präsentierten Ratschläge sind trivial oder irreführend. So lesen wir, dass, wer Erfolg haben will, Verantwortung übernehmen muss, den Fokus nicht verlieren darf. Ist doch eh klar, oder? Außerdem sollten Manager Perfektionismus pflegen und nur A-Player dulden. Damit trieben sie die meisten Menschen in den Irrsinn. Denn die solide Basis für ein Unternehmen können nicht – um bei dem Begriff zu bleiben – A-Spieler sein. Die machen allenfalls 10 Prozent aus. Das wusste sogar schon Jack Welch, der Ex-CEO von General Electric. Auch der galt übrigens mal als das große Manager-Vorbild.
Hausieren mit Patentrezepten und Zauberformeln. Wer mit Rezepten für Leadership hausieren geht, betreibt Scharlatanerie. Für Management-Erfolg gibt es keine Rezepte und keine Zauberformel. In über 1.000 wissenschaftlichen Studien gelang es nicht, einen Führungsstil oder Persönlichkeitsmerkmale zu identifizieren, die als Kopierschema zu nutzen wären. Das wusste auch Harvard einmal.
Ernsthafte Management-Denker können kluge Ideen für Führungsverhalten vortragen. Sie mögen etwa darauf hinweisen, wie wichtig menschliche Faktoren für Erfolg sind, die sich dem Hausverstand nicht von selbst erschließen. Sie können dazu erhellende wissenschaftliche Untersuchungen anstellen. Aber zu fertigen und stets passenden Konzepten taugt das nie.
Vorzugeben, Jobs könne für alle Vorbild sein, oder so zu tun, als wäre es möglich, Erfolge wie er einzufahren, ohne sich wie er zu verhalten, ist unseriös. Hinter dem marktschreierischen Getue, so ist zu vermuten, steckt frivoles kommerzielles Kalkül. Für einfache Rezepte, die billig Erfolg versprechen, gibt es immer zahlungswilliges Publikum. Es kauft Ratgeber-Literatur und rennt in teure Seminare. Deshalb erfinden auf Kommerz ausgerichtete Schulen gerne neue Management-Moden, machen sich damit wichtig und schaffen Beratungsnachfrage.
Manager tun gut daran, Ideen kritisch auf ihre Nützlichkeit für die eigene Person und die individuelle Lage hin zu überprüfen. Der beste Rat, der ihnen dabei zu geben ist: authentisch bleiben, persönliche Stärken zu stärken und Schwächen nicht zu vernachlässigen. Das wäre schon einmal ein ordentlicher Vorsatz.

Es ist möglich, Glück zu managen

Glück-managen-573x768Ist es nicht absurd? Während die Wirtschaftsforscher uns auf harte Zeiten einstimmen und vor übertriebenem Optimismus warnen, knallt die „Harvard Business Review“ das Thema Glück auf das Cover ihrer aktuellen Ausgabe. Haben Manager nicht andere Sorgen?
Harvard meint: Besser nicht! Denn Studien belegen: Wer glücklich ist, hat mehr Erfolg. Wenn Manager ihr Glück und das ihrer Mitarbeiter fördern, steigt die Leistung. Dazu müssten Manager lernen, wie sie Glück managen können.
Das nämlich geht. Früher meinten Psychologen, wie glück- lich wir seien, hänge von unseren Genen ab. Das stimmt aber nur zu einem gewissen Maße. Manche Menschen sind von Haus aus Frohnaturen. Andere kommen mit einem Grantler-Gen zur Welt. Aber jeder, der wirklich will, kann sich verändern, glücklicher werden und dann auch positiven Einfluss nehmen auf andere.

Glück macht erfolgreich, Angst nicht. Die Forschung belegt: Glückliche Menschen sind in ihrem Beruf engagierter, krea- tiver, ausdauernder, können leichter Fehler wegstecken, ar- beiten besser mit anderen zusammen und leisten mehr. Außerdem fördert Glück die Gesundheit. Wer glücklich ist, verfügt über höhere Abwehrkräfte und wird nicht so schnell krank. Angst und Druck mögen kurzfristig zur Steigerung der Leistung führen. Doch solche Effekte halten nicht lange vor.
Angst blockiert das Denken. Chefs, die ihre Mitar- beiter unter Druck setzen und ihnen Angst machen, zerstören Engagement und Loyalität. Sie fördern – meist verdeckte – Leistungsverweigerung. Viele Manager argumentieren, zufriedene Mitarbeiter neigten schnell zur Selbstzufriedenheit, und daher gehe nichts voran. Stimmt. Weil Selbstzufriedenheit zu geistiger Sattheit, Bequemlichkeit und zu Langeweile führt. Langeweile hasst aber jeder. Manager dürfen sich selbst nicht mit stupider Routine langweilen – und nicht ihre Mitarbeiter.

„Unterlassen, was Mitarbeiter in ihrer Würde verletzt:
Ignoranz, Sarkasmus, Geringschätzung.“

Kein schneller Kick zum Glück. Nicht langweilig ist es, wenn es immer wieder etwas Interessantes zu tun gibt. Interessant ist es, Ziele anzusteuern, die nicht ganz leicht zu erreichen sind, aber auch nicht überfordern. Persönliche Fähigkeiten müssen gefragt und gefördert werden. Sie müssen sich fortlaufend entwickeln können. Dann stimulieren Herausforderungen. Wir empfinden sie als angenehm. Sie fördern unser Glücksempfinden.
Weit verbreitet ist der Irrtum, anhaltendes Glück komme mit außergewöhnlichen Erlebnissen oder Sensationen daher. Eine Beförderung, ein fetter Jahresbonus, ein großes Eckbüro oder ein nobler Dienstwagen – das mag für einen kurzen Kick sorgen. Der Glücksrausch ist aber rasch vorbei, weil wir uns an solche Gratifikationen schnell gewöhnen. Sie erhöhen nicht anhaltend unser Wohlbefinden. Viel effektiver sind viele kleine, unspektakuläre Glückserlebnisse: abwechslungsreiche und spannende Aufgaben, die uns gut gelingen, Anerkennung für unsere Leistung, freundliche Kollegen, die uns ihre Wertschätzung und Sympathie zeigen. Beständiges Glück kommt nicht mit dem großen Bang. Es geht nur Schritt für Schritt. Mit vielen kleinen Aktivitäten. Das aber kontinuierlich. Nicht durch Zufall. Wer das nicht begreift, wartet vergeblich und muss immer enttäuschter werden.

Freiheiten, Ressourcen, Informationen geben. Manager fördern das Glück von Mitarbeitern nicht mit Jahresprämien oder routinierter Aufmerksamkeit in vorgeschriebenen Mitarbeitergesprächen. Sie tun dies, indem sie ihnen Freiheit geben, wie sie ihre Arbeit machen, ihnen also Kontrolle über sich zugestehen. Mitarbeiter brauchen, um ihre Aufgaben erfüllen zu können, ausreichend Informationen. Sie müssen wissen, wo es insgesamt langgeht und welchen Beitrag sie zum Gelingen des Großen und Ganzen leisten können.
Dazu benötigen sie die entsprechenden Ressourcen. Dafür muss ein Chef sorgen. Außerdem muss er häufig und gut Feedback geben. Gemeint ist nicht „gutes“ Feedback. Es geht nicht um Lobhudelei. Gut ist Feedback, wenn es so gegeben wird, dass es angenommen werden kann, und jeder weiß, wie die persönliche Leistung gesehen und wie sie gefördert wird.

Unterlassen müssen Manager alles, was Mitarbeiter in ihrem Stolz und in ihrer Würde verletzt: Ignoranz, Sarkasmus, Geringschätzung. Solches Verhalten verletzt umso mehr, wenn Chefs es vor Publikum inszenieren. Sie demütigen damit nicht nur den Attackierten. Sie sorgenfür ein schlechtes Betriebsklima. Das schadet der Zusammenarbeit und letztlich der Leistung.

Glück ist zu managen. In schwierigen Zeiten ist das umso notwendiger. Dazu brauchen Manager die richtige Haltung. Erfolg entsteht nicht aus Glück. Glück fordert Erfolg. Für Glück können wir sorgen, völlig unspektakulär. Es verlangt Bereitschaft, Aufmerksamkeit und Kontinuität.
Wir können uns – ganz schlicht – freundlich begegnen und miteinander umgehen. Wir können uns herausfordernde, aber erreichbare Ziele setzen oder sie einfordern, wenn sie uns nicht angeboten werden. Wir können die pessimistische Haltung ablegen, mit der wir uns einreden, etwas nicht zu können, obwohl wir es gar nicht versucht haben. Zu all dem können Manager besonders beitragen – für sich und für ihre Mitarbeiter. Sie können Vorbild sein.